|
Spielen wir doch einmal ein reines Lustspiel. Ein Stück, bei dem
sich die Zuseher amüsieren können, ohne irgendwie "problematisiert"
zu werden.
Zur Eröffnung des renovierten Pfarrsaales 1993 war es so weit.
Franz Strasser ("Ich bin kein Lustspielregisseur") sprang über
seinen Schatten und wir begannen die Proben zu "Pension Schöller"
von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby.
Aus der simplen Handlung (ein Provinzler möchte sein Geld in ein
Nervensanatorium anlegen und zu diesem Zweck so ein Institut kennen
lernen. Mangels anderer Gelegenheit stellt ihm sein Neffe eine
biedere Familienpension als Heilanstalt vor) machen die Autoren ein
Feuerwerk von Klamauk und Groteske. Hugo Wiener ließ in seiner
Bearbeitung keine Gelegenheit für eine Pointe aus, und wenn's auch
ein Kalauer war. Die Arbeit stellte durchaus Forderungen an uns. Für
mich, weil ich viel Text hatte und fast die gesamte Zeit auf der
Bühne stand. Wir entdeckten schnell, dass die Arbeit an einem
Lustspiel nicht schlampig oder unkonzentriert bewerkstelligt werden
konnte - im Gegenteil. Das Stück erlaubte uns dafür, so richtig in
die Rollen einzusteigen und einige umwerfende Figuren auf die Bühne
zu bringen.
Eine kleine Auswahl: Samy als tollpatschiger
Möchtegern-Schauspieler, dem ein "kneiner Sprachfehner die Bretter,
die ihm die Went bedeuten, vernagent"; Edith als zickige,
altjungferliche Schriftstellerin oder - ein besonderes Gustostück -
Doris als Sängerin, die mit dem ewig gleichen Lied eines gefallenen
Mädchens die Pensionsgäste zu unterhalten glaubt.
Mich hat das Stück, im Gegensatz zu unserer erklärten Absicht, doch
auch "problematisiert". Ich empfinde es als sehr treffende Parabel
für unsere Sicht der Dinge. Unsere Welt ist nicht das, was sie ist,
sondern die Welt und die Menschen sind das, was wir glauben, dass
sie sind. Und so kommt es nicht nur in diesem Theaterstück dazu, daß
uns Leute mit ganz alltäglichen Eigenheiten und kleinen Macken,
kurz, Menschen wie Du und ich, plötzlich zu bedrohlichen Gegnern
erwachsen oder als Narren abgetan werden.
|